Danke für deine Zeit
Es ist Montagmorgen. Du liest die Blaupause, den Newsletter, mit dem du Communitys besser verstehst und erfolgreich Mitgliedschaften anbietest. Heute: Übersetze Zeit mit Relevanz.

Hallo!
„Mir fehlt die Zeit.“ Ich kenne kaum ein Medium, das dieses Feedback nicht bekommt. Alle Zeitschriften sind zu dick, jeder Podcast zu lang, ideale Interviews sollten am liebsten nur fünf Minuten dauern und so weiter.
Andererseits sind gerade solche Produkte erfolgreich, die besonders viel Zeit in Anspruch nehmen. Bestes Beispiel ist „Die Zeit“ mit ihren 17 Kilo Journalismus und seitenlangen Dossiers, oder auch ihrem Podcast „Alles gesagt“, der gerne mal sieben Stunden dauert und zu den erfolgreichsten des Landes gehört.
Irgendwas kann also nicht stimmen an der Begründung „mir fehlt die Zeit“.
Es hilft, den Begriff Zeit mit Relevanz zu übersetzen, sobald er fällt. „Mir fehlt die Zeit“ heißt dann „Mir fehlt die Relevanz“. Diese Zeit verbringe ich lieber mit etwas, das relevanter für mich ist. Diese Inhalte sind mir die Zeit nicht wert.
Behandle Zeit wie ein Zahlungsmittel
Das ist eine schwer zu überschätzende Erkenntnis. Die Zeit der User ist ihnen kostbar. Sie zahlen mit ihrer Zeit. Du solltest ihre Zeit ähnlich behandeln wie bares Geld.
Du solltest nicht MEHR liefern, um einen Preis zu rechtfertigen. Mehr Artikel, zusätzliche Episoden, häufigere Newsletter kosten Zeit. Ich persönlich wäre eher bereit, Geld zu zahlen, wenn ich dadurch WENIGER E-Mails bekäme. Mehr Zeug ist eine Belastung, die wir uns nur ungern zusätzlich aufladen.
Dein Versprechen sollte Entlastung sein: „Du sparst Zeit. Du sparst Geld. Du verdienst mehr Geld. Oder du fühlst dich besser.“ Nicht: „Ich kippe die jede Woche einen Riesenberg Hausaufgaben ins Postfach.“
Was tun? Hier sind drei Vorschläge,
Schaffe Relevanz
Fördere Routinen
Zeige Abkürzungen
1. Schaffe mehr Relevanz
Zeit ist Geld, aber nicht nur. Vor einer Weile ging es in der Blaupause (Öffnet in neuem Fenster) um economic utility, also die unterschiedlichen Möglichkeiten, Wert zu schaffen. Grob vereinfacht gibt jedes Produkt mindestens eines dieser vier Versprechen ab und schafft dadurch einen Wert, der in Geld bezahlt wird:
Du sparst Zeit.
Du sparst Geld.
Du verdienst mehr Geld.
Du fühlst dich besser.
„Du sparst Zeit“ ist für manche Content-Produkte als Wertversprechen geeignet, zum Beispiel:
Morning-Briefing-Newsletter
Film- und Buchkritiken als Zusammenfassung von Neuerscheinungen
Überblick über die Berichterstattung wie die Kolumne Altpapier (Öffnet in neuem Fenster) für die Medienberichterstattung oder Perlentaucher (Öffnet in neuem Fenster) für Kulturkritik
Im Grunde alle Algorithmen, die durch die Analyse meines Nutzungsverhaltens in der Lage sind, mir automatische Vorschläge zu machen, was mich interessiert.
All das spart Zeit. Reportagen und Kommentare, Dokumentationen und Podcasts, Analysen und Kolumnen – die sparen keine Zeit, sie kosten Zeit. Und diese Zeit werden Leser:innen nur ausgeben, wenn sie den Eindruck haben, dass sie gut investiert ist.
2. Fördere Routinen
Deine Publikation braucht einen Platz im Alltag der User. Nur wenn du es schaffst, dass die Leute Routinen etablieren und dein Angebot regelmäßig nutzen, kannst du ein dauerhaftes Geschäft aufbauen. Sonst kündigen sie, sobald ihnen auffällt, dass sie das Geld, das sie zahlen, nicht regelmäßig in wertvoll verbrachte Zeit verwandeln können.
Darum ist es auch so wichtig, regelmäßig und zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Woche im Alltag der User aufzutauchen. Nur dann hat man die Chance, sich an dein Angebot zu gewöhnen und ihm ein Plätzchen im Leben zu reservieren. Unsere Zeit ist begrenzt. Viele Angebote konkurrieren darum, sie zu füllen.
Es hilft dabei, sich ganz konkret vorzustellen, wo, wie und wann die Leute sich verhalten könnten, und ihnen solche Situationen konkret vorzuschlagen. Sitzen sie beim Lesen mit dem Handy morgens am Küchentisch? Abends mit dem iPad auf dem Sofa? Bei der Arbeit kurz vor der Mittagspause am Computer? Mittwochnachmittags mit Kopfhörern im Bus nach Hause? Sonntags abends mit dem Laptop im Bett?
Ich zum Beispiel verschicke die Blaupause montags morgens um sechs in der Hoffnung, dass du sie im Lauf des Vormittags liest und inspiriert und ermutigt in die Woche startest. Als ich früher mit „V.i.S.d.P.“ eine Art Medien-Wochenrückblick verschickt habe, kam der freitagmittags und half den Leser:innen, allmählich zu entspannen und zurückzuschauen. Und so weiter.
3. Zeige Abkürzungen
Kostet es wirklich zu viel Zeit, deine Publikation zu nutzen? Das ist dann ein Produkt-Problem. Überprüfe also, ob Produktanpassungen die Zeitverschwendungsschmerzen lindern. Ein paar Ideen:
Eine Kurz-Zusammenfassung am Anfang jedes Artikels oder „Das Wichtigste in 3 Sätzen“-Box unter jedem Post. („TL;DR (Öffnet in neuem Fenster)“).
Tagging nach Zeitaufwand („5 Minuten“, „15 Minuten“), damit Leser:innen sofort wissen, was sie einplanen müssen.
Audio-Versionen der Texte, sodass man sie auch im Auto, in der Bahn oder beim Bügeln konsumieren kann (wie zum Beispiel beim dänischen Magazin Zetland (Öffnet in neuem Fenster)).
Audio-Versionen mit Kapitelmarken, um gezielt in Teile springen zu können.
Bullet-Point-Listen, wie Axios (Öffnet in neuem Fenster) sie erfolgreich anbietet.
Visuelle Kurz-Formate wie Infokarten oder Diagramme statt langer Absätze.
Ein Ort auf der Webseite, speziell für kurze Texte.
Eine E-Mail mit Zusammenfassungen der wichtigsten Inhalte, sodass ich nichts verpasse, auch wenn ich nicht alles lesen will.
Es ist nichts verkehrt daran, deinen Usern zu helfen, dein Produkt effizienter zu nutzen. Produkt-Redigatur sozusagen.
Bis nächsten Montag
👋 Sebastian
🤗 Fand ich hilfreich (Öffnet in neuem Fenster) 😐 war ganz okay (Öffnet in neuem Fenster) 🥱 für mich uninteressant (Öffnet in neuem Fenster)
Mitglieder-Bereich 🔒
Wegen der Sommerpause bin ich spät dran mit dem aktuellen Digital News Report. Einige dramatische Zahlen daraus habe ich im Mitglieder-Teil gesammelt.